Geht ein Schatz verloren?

Streuobstwiesen

Geht ein Schatz verloren?

Es ist schon ein wenig pardox wie wir Menschen mit den Streuobstwiesen umgehen. Eine von Menschen vor hunderten von Jahren erschaffene Form des Obstanbaus, die als eine wichtige Grundlage der Versorgung der Bevölkerung mit Obst, Saft und auch Holz galt und im Ende des 18 Jahrhundert Anfang des 19 Jahrhundert ihren Höhepunkt fand, geht heute immer mehr verloren.

Die Anzahl an Hochstamm Bäumen geht immer mehr zurück. Die Sorten und Geschmacksvielfalt geht verloren. Von einst über ca. 25000 Apfelsorten weltweit und ca. 4000 Apfelsorten im deutschsprachigen Raum, ist heute nur ein kleiner Teil übrig geblieben. Niemals in unser menschlichen Geschichte waren die Menschen technisch so hervorragend ausgestattet wie heute. Es müsste doch ein leichteres sein, diese Streuobstwiesen zu erhalten und zu pflegen. Aber so ist es nicht.
Ich verstehe, das es in den letzten und vorletzten Jahrhundert ein hartes Brot war die Bäume und Wiesen zu pflegen. Aber heute? Wenn man mit einigen Leuten spricht, hört man immer wieder, das den meisten die Pflege zu viel Arbeit ist. Ja, Arbeit ist es. Aber nicht wie vor 100 – 200 Jahren. Wir haben doch alles, vom Traktor bis zum Mulcher, von der Kettensäge bis zur speziellen elektrischen Astsäge oder einem PS starken Häcksler der den Astschnitt in kleinste Stückchen zerreißt.

Wir müssten doch ein Interesse haben, die Sortenvielfalt, die Geschmacksvielfalt und somit auch die vielen Bäume zu erhalten. Ist es auch ein Schatz an genetischer Vielfalt, der unseren nachkommen fehlen wird. Werden einmal nicht mehr, die auf Hochglanz, polierten, EU genormten, Tafeläpfel aus Neuseeland oder Südtirol in den Supermärkten liegen, weil die Transportenergie zu teuer geworden ist, dann ist es zu spät.

Unsere Vorfahren haben damals schon mit genauer und präziser Züchtung und Veredlung Sorten hervorgebracht, die nicht nur Krankheitsresistent sind als so manche neue Sorte, sondern haben noch fein säuberlich unterschieden zwischen robuste Sorten für kalte Lagen oder Sorten, die für die Saft und Apfelwein Herstellung geeignet sind oder als Lagerapfel.

Hat man sich dann doch die Zeit genommen, die Bäume geschnitten, die Wiese gemäht, die Äpfel gepflückt und daraus einen Most, Saft oder Apfelwein gemacht. Dann ist man nicht nur stolz auf sich. Sondern es schmeckt so wie es nicht zu kaufen ist. Bei jedem Schluck und jeder Flasche wird man erinnert wie das vergangen Jahr war, was ist gut gelaufen, was ist weniger gut gelaufen.

Auch die Umwelt, Freunde und Bekannte schütteln den Kopf und sagen:“ Das ist ja Super, das schmeckt ja richtig gut. Was machst Du Dir da für eine Arbeit.“ Und jedem schmeckt es und jeder lobt das Ergebnis. Mit glänzenden Augen wird dann erzählt wie früher der Opa auch noch Apfelsaft selbst gemacht hat und wie toll das früher war. Aber Sie selbst??

Es gibt einen Lichtblick am Horizont. In den letzten Jahren ist das Produkt aus den Streuobstwiesen im ansehen der Bevölkerung wieder gestiegen. Es geht soweit, das sich bereits spezielle Ladengeschäft etabliert haben, in den es nicht nur normale Apfelweine zu kaufen gibt, nein, auch Sortenreine Apfelweine und Lagenweine werden angeboten. Ganz zu schweigen von Apfelweinwurst oder Apfelweinbrot bis hin zur Apfelweinpralinee oder der Apfelweinseife gibt es alles zu haben.

Vielleicht sind die Streuobstwiesen doch noch nicht verloren?

Christoph Müller